Da Windräder neben Strom vor allem auch Lärm produzieren, ist dies die massivste Beeinträchtigung, die für den Menschen von Windkraftanlagen ausgeht. Die Bedrohung durch Lärm wird in den Projektunterlagen der EVN auf Seite 5 so erklärt:
„Emission – Bedeutet allgemein Aussendung von Störfaktoren in die Umwelt. Die Quelle wird Emittent genannt. Schallemissionen sind in Hinblick auf das Schutzgut Mensch die wesentlichsten Umwelteinflüsse, die von Windenergieanlagen ausgehen.“ Um die Bevölkerung vor dem Lärm der Windkraftanlagen und den daraus möglichen gesundheitlichen Folgen zu schützen, wurden Mindestabstände seitens des Landes NÖ festgelegt. Dies ist im NÖ Raumordnungsgesetz 2014 nachzulesen.
Im geplanten Windpark-Projekt Gnadendorf – Stronsdorf wird dieser Schutz der Bevölkerung besonders wichtig, da die 8 Windkraftanlagen extrem knapp an die Ortschaften herangebaut werden sollen. Ein entfernterer Abstand ist aufgrund der umliegenden, nahen Ortschaften nicht möglich.
Bei genauer Betrachtung der Abstände wird klar, dass nur 2 der 8 Windkraftanlagen (das sind nur 25%) problemlos den erforderlichen Abstand einhalten. Bei 3 Windkraftanlagen wird der Abstand nur mit Mühe mit einigen wenigen Metern eingehalten, bei den restlichen Windkraftanlagen wird der Abstand unseres Erachtens deutlich unterschritten (s. untenstehende Zeichnung).
Die EVN misst den Abstand vom Mittelpunkt der Windkraftanlage und nicht von den Rotorspitzen der Anlage zum Wohnbauland. Damit erhöht sich der Abstand künstlich. Die Anlage rückt dadurch keinen Millimeter von der Ortschaft weg, nur am Papier vergrößert sich der Abstand. Ein Gesetz, das diese Messung vom Mittelpunkt der Anlage vorsieht, existiert nicht. Unsere Sichtweise bestätigt auch ein Mitarbeiter des Projektwerbers EVN bei der mündlichen Verhandlung am 21.6.2016: „Gemäß Stand der Technik werden Abstände zu Windkraftanlagen vom Mittelpunkt der Anlage gemessen. … Wie schon vorhin ausgeführt, handelt es sich hier um den Stand der Technik, um keine gesetzlich anders definierte Vorlage.“ (s. Verhandlungsschrift Seite 48/49).
Mit dieser Auslegung wird gegen das Schutzgut Mensch entschieden.
In folgender Darstellung möchten wir Ihnen die Abstände und unsere Berechnungen, den Abstand betreffend, aufzeigen.
GD = Gnadendorf; SD = Stronsdorf
Abstände entnommen aus dem von der EVN erstelltem Plan „Übersicht Siedlungsräume“.
Mindestabstand zu gewidmetem Wohnbauland und Bauland Sondergebiet mit erhöhtem Schutzanspruch = 1.200m
Mindestabstand zu landwirtschaftlichen Wohngebäuden und erhaltenswerten Gebäuden im Grünland = 750m
Die 200m hohen Windkraftanlagen haben einen Rotordurchmesser von 126m. Das heißt, ein Rotorblatt hat eine Länge von 63m. Somit haben wir von den angegebenen Messwerten vom Windkraftanlagen-Mittelpunkt diese 63m abgezogen, denn diese 63m dieses Rotorblattes zeigen Richtung Ortschaft. Und da an den Rotorspitzen auch der Dauerlärm entsteht, muss das auch als Lärmpunkt angenommen werden, um die Bevölkerung vor diesem Lärm zu schützen (NÖ ROG 2014 – §1 Begriffe und Leitziele).
Der Lärm rückt 63m näher an die Ortschaft heran.
Auch die Messung vom Fundament oder der umgewidmeten Fläche aus, entspricht nicht dem Schutz der Bevölkerung. Fundamente und Flächen produzieren keinen Lärm, davor muss man den Menschen nicht schützen.
Folgende Windkraftanlagen sind zu nah an Siedlungsgebiete geplant und würden somit den Mindestabstand von 1.200m deutlich unterschreiten:
Abstand zwischen Wohnbauland und Windkraftanlagen:
Unterschreitung um
Windkraftanlage GD1 1.176m – 24m
Dies betrifft das Wohlbefinden der Bevölkerung von Gnadendorf.
Windkraftanlage GD6 1.158m – 42m
Dies betrifft das Wohlbefinden der Bevölkerung von Eichenbrunn.
Windkraftanlage SD2 1.167m – 33m
Dies betrifft das Wohlbefinden der Bevölkerung von Oberschoderlee.
Der Genehmigungsantrag für die Windkraftanlagen GD1, GD6 und SD2 ist aufgrund der zu geringen Abstände abzuweisen.
Der Schutz des einzelnen Menschen, der Schutz der Bevölkerung ist nicht gegeben, gesundheitliche Folgen wären zu erwarten.
Folgende Windkraftanlagen wären extrem nah an Siedlungsgebiete gebaut, diese erreichen den Mindestabstand von 1.200 m nur äußerst knapp.
Abstand zwischen Wohnbauland und Windkraftanlagen:
Windkraftanlage GD2 755m + 5m
Dies betrifft das Wohlbefinden der Bewohner vom Neuhof.
Windkraftanlage GD4 1.211m + 11m
Dies betrifft das Wohlbefinden der Bevölkerung von Gnadendorf.
Windkraftanlage GD5 1.210m + 10m
Dies betrifft das Wohlbefinden der Bevölkerung von Gnadendorf.
Für die Windkraftanlagen GD2, GD4 und GD5 ist aufgrund der geringen Abstände eine Neuvermessung notwendig.
Nur 2 Windkraftanlagen würden eindeutig über den Mindestabstand von 1.200m kommen.
Abstand zwischen Wohnbauland und Windkraftanlagen:
Windkraftanlage GD3 846m + 96m
Dies betrifft das Wohlbefinden der Bewohner vom Neuhof.
Windkraftanlage SD1 1.355m + 155m
Dies betrifft das Wohlbefinden der Bevölkerung von Oberschoderlee.
Nun zu den Flächenwidmungen
Im NÖ ROG 2014 – §20 Grünland (2)19 und (3a) auf Seite 19 sind die Widmungsarten festgelegt.
Bis zur Gesetzesnovelle (NÖ ROG 2014) musste die Widmungsfläche für Windkraftanlagen mindestens so groß sein wie die gesamte Anlage einschließlich der Rotorblätter. Der Mindestabstand von 1.200m beinhaltet die Windkraftanlage, natürlich einschließlich der Rotorblätter bis zur Rotorspitze. Das ist aus dem VGH – Urteil vom 11.12.2012 GZ 2011/05/0038 deutlich abzuleiten. Da dieser Urteilsspruch nur im Zusammenhang mit der Art der Widmung auf dem die Windkraftanlage steht und nicht aber auf den Mindestabstand der Windkraftanlage zum Wohnbauland bezogen ist, hat sich bei der daraus resultierenden Gesetzesnovelle am Mindestabstand nichts geändert.
Durch die Gesetzesnovelle hat sich die für Windkraftanlagen umzuwidmende Fläche verkleinert, nun muss nur noch die Fläche des Fundamentes umgewidmet werden, der Abstand zwischen Windkraftanlage und gewidmetem Wohnbauland bleibt mit 1200m, zum Schutz der Bevölkerung z.B. vor Lärm, Strahlung, bestehen. Der Abstand wurde nicht erweitert, aber auch nicht verkürzt. Im Vergleich mit dem alten und dem neuen Gesetzestext ist erkennbar, dass der bestehende Gesetzestext mit dem Abstand von 1200m wortgetreu vom alten Gesetzestext übernommen wurde. Der Gesetzgeber hat keine Kürzung des Mindestabstandes vorgenommen. Dies stünde ja auch im klaren Widerspruch zu den immer höher und lauter werdenden Windkraftanlagen und dem Ruf nach einer Erweiterung des Mindestabstandes auf mindesten 1500m oder mehr.
Die Gesetzesnovelle trat erst mit 1. Februar 2015 in Kraft. Vermutlich hat es in dieser kurzen Zeit noch kein ähnliches Bauprojekt gegeben, wo so nah geplant und am Mindestabstand geknabbert wurde wie beim geplanten Windpark Gnadendorf – Stronsdorf.
Denn diese Problematik tritt nur auf:
– wenn vom Projektwerber der falsche Ort für die gewählten 200m hohen Windkraftanlagen gewählt wurde,
– wenn es dort keinen Platz gibt,
– wenn alles zu eng ist,
– wenn die Dimension der Windkraftanlage nicht zu den örtlichen Gegebenheiten passt.
Wer eine Schuhgröße 43 hat, passt nicht in einen Schuh der Größe 38, sei er auch noch so verlockend.
Die Ausführungen unter § 3a beziehen sich aus unserer Sicht auf grundsätzliche Flächen von Windkraftanlagen und in Bezugnahme auf die untenstehend zitierten Begriffe und Leitziele ist der Abstand von 1200m zwischen Wohnbauland und Rotorspitze der Windkraftanlage zum Schutz der Nachbarn einzuhalten.
In Bayern ist man dazu übergegangen, den Abstand im Sinne des Schutzes der Bevölkerung von der Höhe der Windkraftanlagen abhängig zu machen. 10 x die Höhe der Windkraftanlage ist der Mindestabstand. Das entspricht in unserem geplanten Projekt 200m x 10 = 2.000m Mindestabstand zum Wohnbauland.
Auch bei Informationsveranstaltungen, Diskussionen und Informationsschreiben der Gemeinde war und ist immer von einem Mindestabstand der Windkraftanlage zum gewidmeten Wohnbauland von mindestens 1.200m die Rede, was im Übrigen auch in der vorliegenden UVE so oftmals festgehalten ist, ja auch vom Land NÖ bzw. von den Gemeinden so öffentlich im Internet publiziert wird.
Auf der offiziellen Homepage des Landes NÖ lesen Sie:
„Abstandsregelung: Eine neue Windkraftanlage muss in Niederösterreich mindestens 1.200 Meter von Wohnbauten entfernt sein.“
Hier ein Ausdruck dieser Seite.
Nun eine Auswahl aus den Projektunterlagen der EVN Umweltverträglichkeitserklärung gem. § 6 UVP-G Windpark Gnadendorf – Stronsdorf zum Thema Abstand zwischen Windkraftwerk und Wohnbauland bzw. Siedlungsgebiete:
- Dokument 77 / Seite 8:
„So darf an Wohnbauland der Standortgemeinde bis zu 1.200 m heran eine Windkraftanlage (WKA) gewidmet werden,…“ - Dokument 78 / Seite 10:
„Da die Windkraftanlagen in einer Entfernung von über 1.200 m zu den nächsten Siedlungskörpern errichtet werden, ist nicht mit Beeinträchtigungen von Wohngebieten zu rechnen.“ - Dokument 79 / Seite 9:
„So hat bspw. eine bauliche Anlage mit einem Abstand von mehr als 1.200 m zum Siedlungsgebiet in der Regel nur eingeschränkt Auswirkungen auf die nächstgelegenen Ortschaften.“ - Dokument 95 / Seite 12:
„Die Anlagen werden in mindestens 1.200 m Entfernung zu Siedlungsgebieten errichtet.“ - Dokument Teilgutachten Landschaftsbild / Seite 68:
„…da im niederösterreichischen Raumordnungsgesetz die Einhaltung von mind. 1.200 m Abstand von Windenergieanlagen zu Siedlungsgebieten vorgeschrieben ist…“ - Dokument Teilgutachten Landschaftsbild / Seite 91:
„Im niederösterreichischen Raumordnungsgesetz ist die Einhaltung von 1.200 m Abstand von Windenergieanlagen zu Siedlungsgebieten vorgeschrieben.“
Bei der mündlichen Verhandlung am 21.6.2016 wurde auf unser Nachfragen bezüglich der Bestandteile einer Windenergieanlage folgendes geantwortet: „Die Gesamtanlage besteht aus einem Fundament, welches sich teilweise in der Erde befindet, einem Turm, einem Maschinenhaus inkl. der Steuerung, die den Dreiblattrotor, welcher an der Nabe befestigt ist, in den Wind dreht.“
Somit haben wir bei dieser Verhandlung erläutert bekommen, dass auch die Rotorblätter (Dreiblattrotor genannt) zu der Windenergieanlage gehören. Daraus ergibt sich eindeutig, dass die Rotorblätter für die Berechnung des Mindestabstandes auch miteinbezogen werden müssen.
Wer weiter der Meinung ist, dass die Rotorblätter für jegliche Berechnungen unwesentlich sind, soll die Windenergieanlage ohne Rotorblätter aufstellen. Denn nur dann bräuchte man die Rotorblätter nicht mit einberechnen.
Die Problematik dieses Projektes besteht darin, dass die Errichtung der Windkraftanlagen in diesem geplanten Windpark Gnadendorf -Stronsdorf so nah an Siedlungsgebieten vorgesehen ist und die Windenergieanlagen wie mit MUSS zwischen die Ortschaften hineingepresst werden. Das hat natürlich auch wieder Auswirkungen auf den Schall (= Lärm).
Die Bevölkerung hat ein Recht auf Schutz vor Lärm durch ausreichenden Abstand der Windkraftanlagen.
Teilgutachten Naturschutz Seite 13
„Grundsätzlich ist zu erwarten, daß Störwirkungen durch Lärm umso erheblicher sind, je geringer die Entfernung des Schutzobjektes zur Lärmquelle ist.“
Teilgutachten Umwelthygiene Seite 24
„Das macht es erforderlich, dass Windenergieanlagen bzw. Windparks in einer entsprechend weiten Entfernung zu Wohnbereichen errichtet werden. Nur so ist sichergestellt, dass der von diesen Anlagen ausgehende Lärm im Bereich der nächsten Wohnanrainer keine Pegelwerte erreicht die als gesundheitsgefährdend oder als erheblich belästigend zu bewerten sind.“
Die Bevölkerung muss vor den negativen Auswirkungen der Windkraftanlagen geschützt werden, nicht vor den Flächen und Fundamenten. Diese geben keinen Lärm oder andere Gefährdungen für die Bevölkerung ab.
Eine andere Auslegung der Gesetzesnovelle käme de facto einer willkürlichen Verringerung des seit Jahren bestehenden Mindestabstandes von 1.200m gleich und steht im klaren Widerspruch zum NÖ ROG §1 Begriffe und Leitziele.
Da die wesentlichen Umwelteinflüsse, die von Windkraftanlagen ausgehen, Lärm und Schattenwurf sind und das Schutzgut Mensch im Fokus der Betrachtung steht, ist bei der Genehmigung besonders auf die Einhaltung der Mindestabstände Bedacht zu nehmen. Ist ausreichend Abstand zwischen Wohnbauland und Windkraftanlage gegeben, stellt sich dieses Thema des Mindestabstandes und der Einberechnung der Rotorblätter gar nicht.
Die Tatsache, dass bei einigen Windkraftanlagen des Projektes der Mindestabstand zu gewidmetem Wohnbauland und Bauland-Sondergebiet mit erhöhtem Schutzanspruch nicht eingehalten wird, schließt eine Genehmigung des Projektes von vornherein aus und der Genehmigungsantrag ist abzuweisen.
Sollte es dennoch notwendig sein die juristischen Mittel auszuschöpfen, werden wir dies entschlossen tun.
Denn es kann nicht sein, dass diese Gesetze zum Schutz der Bevölkerung plötzlich gegen das Schutzgut Mensch und gegen die in §1 formulierten Leitziele ausgelegt werden.
Das ist nicht der Wille des Gesetzgebers!
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Hier ein Auszug aus dem NÖ Raumordnungsgesetz 2014
§1 Begriffe und Leitziele
(1) Im Sinne dieses Gesetzes gelten als
1. Raumordnung: die vorausschauende Gestaltung eines Gebietes zur Gewährleistung der bestmöglichen Nutzung und Sicherung des Lebensraumes unter Bedachtnahme auf die natürlichen Gegebenheiten, auf die Erfordernisse des Umweltschutzes sowie die abschätzbaren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse seiner Bewohner und der freien Entfaltung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft, die Sicherung der lebensbedingten Erfordernisse, insbesondere zur Erhaltung der physischen und psychischen Gesundheit der Bevölkerung, vor allem Schutz vor Lärm, Erschütterungen, Verunreinigungen der Luft, des Wassers und des Bodens, sowie vor Verkehrsunfallsgefahren;
(2) Bei der Vollziehung dieses Gesetzes sollen folgende Leitziele beachtet werden:
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Generelle Leitziele:
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i) Vermeidung von Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung. Sicherung bzw. Ausbau der Voraussetzungen für die Gesundheit der Bevölkerung insbesondere durch
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Sicherung oder Wiederherstellung eines ausgewogenen Naturhaushaltes als Lebensgrundlage für die gegenwärtige und künftige Bevölkerung;
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Sicherung des natürlichen Wasserhaushaltes einschließlich der Heilquellen;
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Sicherung der natürlichen Voraussetzungen zur Erhaltung des Kleinklimas einschließlich der Heilklimate und Reinheit der Luft;
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Sicherung einer ausreichenden Versorgung mit Trinkwasser sowie einer geordneten Abwasser- und Abfallbeseitigung;
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Berücksichtigung vorhersehbarer Naturgewalten bei der Standortwahl für Raumordnungsmaßnahmen;
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Schutz vor Gefährdungen durch Lärm, Staub, Geruch, Strahlungen, Erschütterungen u. Dgl.;
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Sicherstellung der medizinischen Versorgung
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