Willkommen in diesem komplexen, aber so wichtigen Thema für die Bevölkerung!
Da Windräder neben Strom vor allem auch Lärm produzieren, ist dies die massivste Beeinträchtigung, die für den Menschen von Windkraftanlagen ausgeht. Die Bedrohung durch Lärm wird in den Projektunterlagen der EVN auf Seite 5 so erklärt:
„Emission – Bedeutet allgemein Aussendung von Störfaktoren in die Umwelt. Die Quelle wird Emittent genannt. Schallemissionen sind in Hinblick auf das Schutzgut Mensch die wesentlichsten Umwelteinflüsse, die von Windenergieanlagen ausgehen.“
Um das so wertvolle „Schutzgut Mensch“ davor zu bewahren, müssen umfangreiche Berechnungen und Messungen vorgenommen werden.
Darum werden rund um die geplanten 8 Windkraftanlagen (auf folgendem Bild als lila Punkte dargestellt) die nächstgelegenen Ortschaften (grüne Umrandung) als Untersuchungsgebiet für den Schall (= Lärm) festgelegt.
Die EVN hat nun den vom „Windradlärm“ am stärksten belasteten Punkt in den einzelnen Ortschaften (also das den Windkraftanlagen am nächstgelegene Haus) als Immisionspunkt (= IP) bezeichnet (auf dem Plan mit 10 kleinen grünen Sternen gekennzeichnet).
Diese Ortschaften sind: Gaubitsch, Fallbach, Friebritz, Wenzersdorf, Gnadendorf, Eichenbrunn, Stronegg und Oberschoderlee.
Über ein Computerprogramm wird der Windkraftanlagenlärm berechnet, der als 24-Stunden-Dauerlärm auf jenes IP-Haus (und natürlich auch auf die umliegenden Gebäude) einwirken wird. Da es aber schon jetzt (ohne Windkraftanlagen) bei diesem IP-Haus Lärm gibt (durch Verkehr, Fabriken, Bäume, Kinder, usw.), soll dieser Lärm im Vorfeld gemessen werden. Hierfür werden Messpunkte (= MP) festgelegt, die in ihren Messungen den Ist-Zustand (wie es jetzt ist) an den IP aufzeigen. Das soll zeigen, wie laut es jetzt an dem IP ist.
Die errechneten Lärmwerte der Windräder für den IP werden dann mit den Messergebnissen des jetztigen Lärms für eben diesen Punkt verglichen. Dabei darf es zum Schutz des Menschen zu einer maximalen Überschreitung des jetzigen Lärms von + 3dB (ÖAL Richtlinien Nr.3, Blatt 1, Punkt 4: Anlagen) kommen. Das heißt, es wird dann an diesem Ort für die Bewohner mit den Windrädern sicher lauter, und das um bis zu +3dB im Vergleich zum jetzigen Lärm. Unter diesen Voraussetzungen werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen eingehalten und der Schutz der Bevölkerung gewahrt.
Umgebungsschallmessungen für den geplanten Windpark Gnadendorf – Stronsdorf
Nachdem nun von der EVN die Imissionspunkte (= IP) festgelegt wurden, beauftragen diese die 10 Messungen bei Rinderer & Partner Ziviltechniker KG, wobei die EVN die Messpunkte (= MP) vorgab: (siehe Auftrag aus den Projektunterlagen Seite 3)
Dabei sind uns bei 4 von 10 MP gravierende Ungereimtheiten aufgefallen. Schauen Sie selbst!
Diese MP finden Sie auch im Messbericht Umgebungslärm des Ziviltechnikers Rinderer & Partner ab Seite 5 über den Bildern und die IP im Schallgutachten Betriebsphase der EVN auf Seite 12.
Wir haben die Bilder und Fotos den Projektunterlagen entnommen und für Sie zur leichteren Lesbarkeit gegenübergestellt und graphisch markiert.
Zur Erinnerung: Die Messung am MP soll den jetzigen Lärm vom IP aufzeigen. Das, was am MP gemessen wird, soll der momentane Lärm vom IP sein. Also so laut ist es zur Zeit beim IP Haus.
Messpunkte (= MP) Immissionspunkte (= IP)
MP1: GaubitschIn Gaubitsch wurde nahe der Freilandstraße L3076 gemessen, anstatt im Orstgebiet.
Abstand zwischen IP1a und MP1 laut Koordinaten aus den Projektunterlagen: ca. 122m Luftlinie.
Diese Messung zeigt nicht den Lärm vom IP! Am IP-Haus ist es wesentlich leiser!
MP3: FallbachIn Fallbach wurde im Freiland gemessen, dort wo die Straße ansteigt, statt im ruhigen Ortsgebiet.
Abstand zwischen IP3 und MP3 laut Koordinaten aus den Projektunterlagen: ca. 150m Luftlinie.
Diese Messung zeigt nicht den Lärm vom IP! Am IP-Haus ist es wesentlich leiser!
MP9: StroneggIn der Sackgassenortschaft Stronegg wurde auf der anderen Seite des abgelegenen Hausberges gemessen, nahe der auch von LKWs stark befahrenen Landesstraße L35.
Abstand zwischen IP9 und MP9 laut Koordinaten aus den Projektunterlagen: ca. 165m Luftlinie.
Diese Messung zeigt nicht den Lärm vom IP! Am IP-Haus ist es wesentlich leiser!
MP10: OberschoderleeBei dieser Gegenüberstellung haben wir mittig zusätzlich eine Aufnahme eingefügt, um Ihnen den eklatanten Unterschied überhaupt zeigen zu können. Dies ist auf den Bildern der Projektunterlagen weder darstellbar noch ersichtlich, da diese so weit auseinander liegen.
In Oberschoderlee wurde direkt an der steil bergaufführenden Hauptstraße gegenüber des Jugendheims gemessen, als auch noch eine Umleitung durch den Ort führte, statt in der ruhigen Sackgassensiedlung.
Abstand zwischen IP10b und MP10 laut Koordinaten aus den Projektunterlagen: ca. 400m Luftlinie.
Diese Messung zeigt nicht den Lärm vom IP! Am IP-Haus ist es wesentlich leiser!
Der Rechtsanwalt der Bürgerinitiative Dr. John schreibt in seiner Stellungnahme an das Land NÖ: „Messpunkte die nicht die exponiertesten und ruhigsten Objekte referenzieren sind als Referenzpunkte nicht brauchbar.“, „…Messpunkten 9 und 10 faktisch irrelevant, weil … eine von den Immissionspunkten abweichende Wahl des Messpunktes vor Ort gegeben ist.“, „Im vorliegenden Fall wurden daher elementare Planungsregeln für Schallmessungen grobfahrlässig missachtet.“
Die hohen Ergebnisse dieser falsch gewählten Messpunkte bezogen auf die ruhigen Siedlungsgebiete, wurden aber dem Projekt zugrunde gelegt. Das heißt, mit diesen „lauten“ Messwerten wurde im Sinne des Projektes und gegen das Schutzgut Mensch weiter gearbeitet.
Kann es wirklich sein, dass Oberschoderlee der lauteste Ort aller 8 betroffenen Ortschaften ist??? Und das den ganzen Tag, am Abend und zur Nachtkernzeit, wenn alle schlafen???
Kann es wirklich sein, dass Stronegg mit zu den lautesten Ortschaften in der Umgebung zählt??? Und das, wo der Ort eine Sackgasse ist???
Diese Messungen sollen laut EVN die IST Situationen an den jeweiligen IP darstellen!! Diese Messungen repräsentieren nicht die jetzige Lärmbelastung an den IP-Häusern.
Die EVN behauptet in Ihren Projektunterlagen: „Die Erhebung der ortsüblichen Schallimmissionen erfolgte jeweils an Stellen, die für die Lärmsituation an den Immissionspunkten aussagekräftig sind.“ (s. Schallgutachten Seite 11)
Das heißt, die EVN behauptet, es wurde an Stellen gemessen, die den Lärm für diesen Immissionspunkt (für dieses Wohnhaus) zeigen, z.B. MP9 ist der Lärm für das Wohnhaus IP9, usw..
Diese Aussage entspricht nicht den Tatsachen!
Hier wurde eindeutig seitens der EVN ein höheres Messergebnis angestrebt.
Die Bevölkerung hat ein Recht auf die leiseste Stunde des Tages auch im Winter, wenn die Bäume unbelaubt sind und kein Blätterrauschen verursachen. (tatsächliche Nachtkernzeit).
Dr.John schreibt: „…ist die gesamte Gegend während eines Zeitraums von mindestens fünf Monaten unbelaubt.“, „Da die geplanten Windkraftanlagen auch während niedriger Temperaturen, also auch im Winter betrieben werden, ist klarerweise auch dieser Zeitraum für die Erfassung der Umgebungsgeräusche heranzuziehen.“, „All dies wurde von der Rinderer & Partner Ziviltechniker KG grob fahrlässig außer Acht gelassen.“, „…Stellungnahme von Herrn DI Walter (Anm. der BI: Leitender Mitarbeiter von Rinderer & Partner Zivietechniker KG) während der Verhandlung: Ich war persönlich nicht an den Messpunkten, mein Mitarbeiter hat das erledigt. Ich habe zur Auswahl der Messpunkte konkret keine anderen Begründungen.“, „…Messungen von einer Dauer von 10 Minuten für ein Projekt, das über Jahrzehnte existent sein soll, als ausreichend aussagekräftig zu bezeichnen… Dies widerspricht jeder rationalen Betrachtungsweise.“, „Es wird hier versucht, mangelhafte und vor allem zu kurze Messungen als plausibel erscheinen zu lassen. … Dies ist völlig verfehlt.“, „Wenn bei Messungen Bedingungen nicht eingehalten wurden, dann entsprechen die Messergebnisse den Anforderungen der Messnorm ÖN S 5004 (2008) nicht.“
Die Entscheidung, die Messpunkte so anzusetzen, ist gegen das Schutzgut Mensch, gegen die Bevölkerung und gegen die Gesundheit.
Der extrem hohe und menschenunwürdige Dauerlärm wäre beim Bau des Projekts eine Qual für die betroffenen Bewohner und mit Sicherheit gesundheitsschädlich.
Auch der Rechtsanwalt der Bürgerinitiative Dr. John schreibt in seinem Brief an das Land NÖ zu den durchgeführten Schallmessungen der Rinderer & Partner Ziviltechniker KG, dass es sich hierbei: „um ein in einem behördlichen Verfahren nicht verwertbares Gefälligkeitsgutachten handelt, dessen wissenschaftlicher Wert gegen Null tendiert.“
Lesen Sie hier den Brief unseres Rechtsanwaltes.
In der lärmtechnischen Stellungnahme von Rinderer & Partner Ziviltechniker KG vom 05.07.2016 (Punkt 4.4 auf Seite 5) steht: „Am 11.07.2016 (Anmerkung der BI: gemeint war hier wohl der 11.07.2014, denn die Messungen fanden schon vor zwei Jahren statt!) von 00:55 bis 03:32 ist ein durchgehendes Motorengeräusch einer landwirtschaftlichen Maschine mit einem Immissionspegel im Messpunkt von ca. 38 dB pegelbestimmend. Aufgrund wiederholter anderer auftretender Geräusche, wie menschliche Stimmen im selben Zeitraum ist dieses Geräusch auf eine nächtliche Tätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb zurückzuführen.“
Anmerkung der BI: Wie kann es zu so einem Lärm kommen, wenn der Gutshof in völliger Abgeschiedenheit liegt?
Dr. John weist darauf hin, „dass dieses Schriftstück nicht einmal unterzeichnet ist,…“. Wer haftet für diese Stellungnahme?
Der Besitzer des Neuhofes (IP 2) hat Aufgrund der hohen Messergebnisse, mit Werten wie in einer Großstadt (39-46 dB), die Messungen auf seinem abgelegenen Grundstück durch den staatlich befugten und beeideten Ingenieurkonsulent für Bauingenieurwesen Ing. Dipl.-Ing. Joachim Jira überprüfen lassen. Bei dieser Messung sind weit niedrigere Messwerte aufgezeichnet worden, durchwegs Werte unter 20 dB (s. Gutachten von Ing. Dipl.-Ing. Jira).
Ing. Dipl.-Ing. Jira sagte bei der Umweltverträglichkeitsverhandlung am 21.06.2016: „Ich bin Ziviltechniker für Bauingenieurwesen und Gerichtsachverständiger für Akustik und Lärmschutz und möchte zum gegenständlichen Vorhaben für Herrn Dr. Piatti folgende Stellungnahme abgeben: Die für die Bewertung herangezogenen Schallmessungen sind aus meiner Sicht nicht verwendbar. … Aus den oben genannten Ausführungen ist aus meiner Sicht daher eine falsche Beurteilungsgrundlage für das darauf aufbauende Gutachten des Amtssachverständigen gegeben.“ (Verhandlungsschrift ab Seite 29)
Dr.John schreibt außerdem: „Derartige Stellungnahmen durch die Rinderer & Partner Ziviltechniker KG disqualifizieren sich selbst und jenes Unternehmen, das die Behauptung aufstellt.“, „Es hätte jedenfalls einem Amtssachverständigen auffallen müssen, dass ein derartiges Unternehmen zu einer ordnungsgemäßen Messung nicht in der Lage ist. Dass dies der Amtssachverständige Ing. Gratt nicht erkannt hat, disqualifiziert auch ihn…“, „Auch dies rechtfertigt den bereits gestellten Antrag auf Bestellung eines Obergutachters, zumal dieser Punkt vom Amtssachverständigen Ing. Gratt weder erkannt, noch aufgezeigt wurde.“
Das heißt salopp formuliert: Die Messungen aller 10 Punkte sind zu vergessen und passen nicht!
Aufgrund dieser und weiterer Fakten, die alle dem Land NÖ vorgebracht wurden und bei der Behörde aufliegen, darf und kann dieses Projekt nur abgewiesen werden. Im Sinne des Gesetzes, im Sinne der Bevölkerung und im Sinne der Gesundheit.
Sollte es dennoch notwendig sein die juristischen Mittel auszuschöpfen, werden wir dies entschlossen tun.
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Untenstehend finden Sie eine Aufstellung der Geräuschquellen in Dezibel, damit Sie sich den Lärm einer Windkraftanlage besser vorstellen können.
Angaben zur Lautstärke der bei uns geplanten 200m hohen Windkraftanlagen vom Produzenten Vestas:
Grafik übernommen aus dem Lärmschutz Seite 26
Diesen Lärm produziert ein Windrad im Windpark Gnadendorf – Stronsdorf direkt am Standort auf 137m Höhe, abhängig von der Windstärke.
Im Vergleich vertraute Geräuschquellen
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Allgemein über Ergebnisse von Schallmessungen für ein Projektgebiet kann gesagt werden:
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Hohe Messwerte (viel Lärm schon jetzt ohne Windkraftanlagen) sind grundsätzlich ein Vorteil für die Windradbetreiber, denn Windkraftanlagen dürfen dann, bezogen auf dieses Siedlungsgebiet, im Betrieb über Jahrzehnte auch lauter sein, weil es dort jetzt schon laut ist. Das angestrebte Ziel der EVN, nämlich leistungsoptimiert zu fahren (volle Leistung = voller Lärm = voller Gewinn) kann somit täglich umgesetzt werden. In den Projektunterlagen der EVN wird deutlich darauf hingewiesen, dass dies geplant ist: „Aus Sicht der optimalen energetischen Nutzung des Windenergiepotentials in Projektgebieten ist immer eine leistungsoptimierte Betriebsweise vorzusehen,…“ (volle Leistung = voller Lärm = voller Gewinn)
- Niedrige Messwerte (nur geringer Lärm) wären eine massive Erschwernis für die Betreiber, weil dadurch höherer Schutz vor dem Lärm der Windkraftanlagen für die dort wohnhafte Bevölkerung die Folge solcher Ergebnisse wäre. Die Windkraftanlagen müssten dann, der leisen Umgebung angepasst, auch leiser sein, dürften nur im verminderten Betrieb mit weniger Gewinn laufen, oder wären im Extremfall sogar zu laut in stillen, ländlichen Gebieten. Alternativ müssten sie weiter weg von Ortschaften errichtet werden oder weit kleiner dimensioniert sein. Im Extremfall dürften sie gar nicht gebaut werden.
Im Sinne der Windradbetreiber sind niedrige Messwerte somit ein vermeidenswerter Punkt innerhalb einer Projektplanung, der keinesfalls angestrebt wird. Windkraftanlagen sind in ihrer Anschaffung sehr teuer, sollen daher auch hohe Gewinne für das Unternehmen aufgrund voller Leistung einfahren.
Denn, wer hat schon gerne die Ausgaben für einen Porsche und fährt dann damit in der 30 km/h Zone mit dem 2.Gang?
Für ein ruhiges ländliches Siedlungsgebiet sind überraschend hohe Messergebnisse somit gut für die Windradbetreiber, aber eindeutig ein Nachteil für die Bevölkerung. Diese hören und spüren die negativen Auswirkungen der Windkraftanlagen dann viel lauter und beängstigend intensiver als gesetzlich eigentlich erlaubt, weil es in Wirklichkeit (Ist-Situation) in der Siedlung viel leiser ist.
Denn, hier fährt unser Porsche im 6. Gang und voller Leistung durch die 30 km/h Zone. Und das ohne Konsequenzen und mit Erlaubnis der Behörden.
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Hier geht’s zu unseren Recherchen zum Teilgutachten Lärmschutz.